If I alive
without you…
Prolog
Es
war ein Tag wie jeder andere. Ich saß hier und beobachtete mit
wachsamem Blick die Umgebung. Meine alten Knochen knackten und
schmerzten eh nur sobald ich mich bewegte, daher beschloss ich hier
zu sitzen. Ich lehnte mich zurück und schlürfte an meinem Tee. Zu
meiner Überraschung war er nur noch lauwarm. Dennoch trank ich
weiter. Als der Wind aufzog klingelte es plötzlich. Wer konnte das
sein? Ich hatte weder Freunde noch Familie! Völlig erstaunt machte
ich mich auf den Weg nach unten.
*
Sie
saß dort jeden Tag. Jeden vereinzelten Tag saß sie dort und starrte
alle an. In ihren Augen sah man Trauer um etwas. Etwas, was ich nicht
wusste ,aber mich brennend interessierte. Aber
ich kannte diese Dame doch gar nicht! Es
war ein Widerspruch zu dem, was ich vorhatte. Ich hatte beschlossen,
sie zu besuchen. Herauszufinden warum sie jeden Tag diese alten,
traurigen Lieder vor sich her sang. Aber dann fielen mir wieder
tausend Gründe ein, warum ich das hier nicht tun sollte. Ich
bin so dumm! Schalte
ich mich selber. Doch kaum begriff ich es auch stand ich schon vor
der Tür. Na super nun konnte ich nicht zurück. Ohne dass ich es
wollte, bewegte sich meine Hand zu Klingel und drückte darauf. Eine
imposante Klingel erklang und hallte durch das riesige Haus. Oh mein
Gott, was tat ich hier nur!? Ich wollte, ich wäre weg. Nicht hier
oder jemand anders. Der Man zum Beispiel, der gerade an mir vorbei
ging. Doch da öffnete sich schon die Tür. „ Was willst du?!“
fragte mich die Dame barsch. „ Ich …ähh…ich…“ ich verlor
die Worte. „ Für dummes Gebrabbel habe ich keine Zeit!“ meckerte
sie und war dabei die Tür zu schließen! Schnell stellte ich meinen
Fuß dazwischen. Was
tust du da?? Hör sofort auf damit Linda!! „
Hee was soll das? Verschwinde Mädchen!“, plötzlich wusste ich,
weswegen ich hier war! Ich wollte wissen wieso sie dort immer sitzt
und singt! Aber so kann ich das ja nicht fragen. „ Mein Name ist
Linda. Linda Berger. Ich bin von der Schülerzeitung und wir
interviewen alte Menschen. Als Reportage.“, seit wann konnte ich so
gut lügen? Ohne etwas zu sagen zog mich die Alte hinein und
verschloss die Tür. Sie ging schnurstracks die Treppe hoch, mich zog
sie hinterher. Oben ging sie durch einen langen Flur, vorbei an
unzähligen alten Bildern und Zeichnungen. Und immer waren sie und
ein anderer junger Mann drauf zu erkennen. Ich fragte mich wer das
wohl sein könnte. Die Frage konnte ich später noch einmal stellen.
Endlich kamen wir an einer Tür an. Sie öffnete sie und setzte sich
auf einen Korbsessel. Ich setzte mich auf den Gegenüberliegenden. „
Du willst mich also interviewen…“ sie ließ den Satz in der Luft
hängen und sah mich an. Ich fühlte mich sofort unwohl. Bei diesem
Blick hatte man das Gefühl, man wäre nackt und durchschaubar. Wie
ein Glashaus. „ Ähhh…jaa ich …“ mit einer Handbewegung
brachte sie mich zum Schweigen. „ Und wo sind dann deine
Unterlagen, deine Kamera, dein Mikro, dein Aufnahmegerät? Ich dachte
die Leute von heute machen das so?“ sie sah mich mit Misstrauen an.
„ Weswegen bist du wirklich hier?“ oh Gott. Das konnte ich doch
nie und nimmer sagen. „ Ich war neugierig geworden weil sie jeden
Tag hier sitzen und singen. Sie sehen so traurig aus. Ich wollte
wissen wieso…“, Ich kam mir vor wie eine fünf-jährige. „ Aja
du warst also neugierig…. Hat man dir nicht beigebracht, das so
etwas unhöflich ist?“, ich bin verloren. Aber rausreden war wohl
auch keine Alternative. Eine Weile sah sie mich an. Fast so als würde
sie etwas einschätzen. „ Nun gut Linda. Ich mag dich. Du bist
interessant. Und nett. Daher werde ich dir etwas erzählen:
„ Es
war wie immer ein schöner Tag. Ich glaube es war im Sommer 1955. Ich
war gerade 15 geworden. Es war herrlich draußen. Ich hatte mich mit
meinem Besten Freund verabredet. Ich kannte ihn schon seit 12 Jahren,
so dass er mich schon mein ganzes Leben lang begleitete. Doch seit
neuem war ich in ihn verliebt. Es war herrlich. Nur das er mich nicht
liebte, sodass ich es still und heimlich tat. Dennoch war es schön.
Ihn jeden Tag zu sehen war wie eine Droge für mich. Als wir uns
trafen, durchfluteten mich tausend Schmetterlinge. Er gab mir wie
immer einen Kuss auf die Wange und nahm dann meine Hand. Er hatte,
warum auch immer eine Überraschung für mich.“, Sie
lachte in sich hinein. Sie war fast wie diese Rose aus Titanic. Alt,
geheimnisvoll
und bestimmt hatte sie auch ein verschwiegenes Leben hinter sich.
„ An diesem Tag hatte er einen Korb dabei. Er führte mich tief in
den Wald, bis wir an eine Lichtung ankamen. Um uns herum waren so
viele Blumen. Er stellte den Korb ab und pflückte eine davon. Ich
weiß noch, es war eine Tulpe. Er hat sie mir in mein Haar gesteckt
und mich angelächelt. Dann hat er den Korb ausgepackt. Er hatte ein
Picknick vorbereitet. Es war wundervoll. Er hat sich wirklich jeden
Tag etwas Schönes ausgedacht. So ging es wirklich jeden Tag. Den
einen lud er mich in ein Kino ein! Kannst du dir vorstellen wie teuer
das damals war? Und vor allem wie besonders. Und den anderen Tagen,
da packte er etwas Geld ein und nahm ein Zelt mit, holte mich ab und
wir fuhren mit Fahrrad für eine Woche campen. Es war schön, abends
am Lagerfeuer in seinem Arm zu liegen und die Sterne zu beobachten.
Aber irgendwann mussten wir zurück. Als wir ankamen wurde er von
seinem wütenden Vater empfangen. Er schrie ihn an, wie er so kurz
davor abhauen kann. Aber wovor? Es war mir schon aufgefallen, dass Er
von Tag zu Tag immer trauriger wurde und die Unternehmungen immer
besser. Aber kaum das ich ihn hätte fragen können, war er schon im
Haus verschwunden. Am nächsten Tag wollte ich ihn besuchen doch
seine Mutter schickte mich weg. Sie sagte, es wäre momentan keine
Zeit. Mir wurde immer mulmiger zumute. Was war hier los? Was wussten
alle, was ich nicht wusste. Die nächsten Tage waren so schlimm ohne
ihn. Ich war bereits süchtig nach der Droge. Nach ihm. Doch dann kam
er endlich. Ich schloss ihn in meine Arme doch er sah so furchtbar
traurig aus. Er sagte, wir müssen mal spazieren gehen. Ich hatte
Angst. Auf dem Weg zum Wald waren wir beide stumm. Erst als wir zu
unserer Lichtung ankamen, begann er zu sprechen. Er sagte, er müsse
umziehen. Weg. Weit weg, weil sein Vater einen neuen Beruf hatte. Ich
war gelähmt. Ein Leben ohne ihn? Das konnte ich mir selbst bei
meiner Lebhaften Fantasie nicht vorstellen.“
Die alte Dame weinte.
Mein Name ist übrigens Evelin.“ Sie versuchte zu lächeln. Ihr
altes Gesicht war schön, trotz der Falten. Jedenfalls
saßen wir dort bestimmt mehr als 5 Stunden und weinten. Ich hatte
noch nie einen Jungen weinen sehen, nicht mal ihn. Du kannst dir
daher vorstellen, wie schlimm der Anblick war. Die letzten Tage
verstrichen wie ein Blatt im Herbstwind. Das schlimmste war, dass er
mir nicht sagte wie viel Zeit wir noch hatten. Doch dann sagte er es
mir. Ein Tag vor seiner Abreise. Doch der Tag kam. Ich hatte ihn die
ganze Nacht beweint. Aber ich stand jetzt hier. Vor seinem Haus und
wartete bis er kam. Seine Augen waren furchtbar rot. Ich fiel ihm
sofort in die Arme und begann zu schluchzen. Es war so schmerzvoll.
Als ich dann in seine Augen sah, entdeckte ich einen Schmerz den ich
bei ihm noch nie sah. Ich versuchte es zu verstehen. Aber es gelang
mir beim besten Willen nicht. Doch dann küsste er mich. Zwar auf den
Mund aber nicht wie sonst. Das hier war viel sinnlicher. Aber dennoch
zaghaft. Ich erwiderte ihn. Ich schmeckte seine Tränen, die sich mit
meinem vermischten. Wir haben noch einen Tag. Das war der Satz den er
zu mir sagte als wir uns lösten. Und ich wusste sofort was er damit
meinte. Wir nahmen eine Decke und einen Korb mit und setzten uns auf
sein Fahrrad. Wir fuhren zu unserer Lichtung und legten die Decke auf
den Boden. Es war mir egal dass wir draußen waren. Wir küssten uns
wieder. Diesmal war er fordernder. Ich zog ihm sein T-Shirt aus und
er meine Bluse. Schon nach kurzer Zeit waren nackt wir auf der Decke.
Es war wundervoll. Er war so zärtlich. Und es war warm. Irgendwann
lagen wir einfach nur noch da, ineinander verschlungen, und sahen uns
an. Aber das ist jetzt dein letzter Tag oder? Das habe ich ihn
gefragt, doch statt mir zu antworten, hatte er mich einfach geküsst.
Wir sind dann irgendwann eingeschlafen. Aber nun war es wirklich Zeit
Abschied zu nehmen. Das wusste ich. Es war so unvorstellbar. Hand in
Hand gingen wir dann zurück. Das Auto von seinen Eltern stand schon
da. Alle waren bereits eingestiegen, nur er fehlte noch. Er küsste
mich noch ein letztes Mal, dann griff er in seine Jackentasche und
zog einen Brief heraus. Lies ihn wenn ich weg bin. Das waren seine
letzten Worte. Nicht ich liebe dich, sondern ließ ihn wenn ich weg
bin. Es tat weh. Dann stieg er ins Auto und war weg. Als ich dann zu
Hause war las ich sofort den Brief:
Liebe
Evelin,
Es
tut mir leid. Ich hätte dich nicht küssen dürfen. Auch nicht mit
dir schlafen. Dadurch fällt es mir jetzt noch schwerer diese Zeilen
zu schreiben. Aber ich liebe dich seit ich denken kann. Nur war ich
immer wie ein Bruder für dich. Ich dachte es wäre nicht möglich.
Aber du hast mir gestern das Gegenteil bewiesen. Es war möglich. Und
ich danke dir für diese wundervolle Nacht. Ich wollte dir eigentlich
eine falsche Adresse geben aber das bringe ich nun nicht mehr übers
Herz. Ich liebe dich über alles und danke dir für die Wundervolle
Zeit die wir miteinander hatten.
Dein
Frosch
Gott
war das schlimm für mich. Vier Monate später erfuhr ich dass ich
schwanger war. Meine Eltern verbannten mich, so dass ich mir etwas
überlegen musste. Ich fuhr zu ihm. Zeigte ihm den Bauch und sah in
sein Gesicht. Er war unglaublich fröhlich. Freute sich auf das Kind.
Ich war glücklich, ich hatte eine andere Reaktion erwartet. Fünf
Monate später gebar ich ein gesundes Mädchen. Ich hatte die Zeit
über bei ihm gewohnt. Wir nannten sie Merrylin. Als ich 18 war
machte er mir einen Antrag. Es war so schön. Natürlich sagte ich
JA. Später als wir schon bestimmt 50 waren kam unsere Tochter bei
einem Autounfall ums Leben. Es war ein Tiefpunkt für uns beide. Wir
haben Merrylin geliebt. Dann ein Jahr später verließ er mich. Er
hatte einen Herzinfarkt. Als wir hier auf der Terrasse waren. Seitdem
sitze ich hier. Erinnere mich jeden Tag daran. Es war grauenhaft ihn
dort zu sehen. Wie er starb… Und wie er sagte ich liebe dich,
Evelin.“
Evelin begann zu weinen. Ich nahm sie in den Arm und tröstete sie. „
Soll ich sie jeden Tag besuchen? Wir können etwas unternehmen oder
ich kann sie unterstützen.“, “Danke mein liebes. Sehr, sehr
gerne!“ sie lachte. Von nun an besuchte ich sie jeden Tag. Wir
saßen nun zusammen auf der Terrasse und tranken Tee. Doch eines
Tages fand ich sie tot in der Wohnung. Neben ihr lag ein Brief:
Meine
Liebe Linda,
Es
war eine wundervolle kurze Zeit mit dir.
Doch
es war Zeit für mich zu gehen. Auch wenn ich diesem Glück etwas
nachhelfen musste. Ich möchte dir alles vermachen was ich besitze.
Du warst dieses eine Jahr meine Familie und ich möchte nicht dass es
alles verpfändet wird. Nun werde ich meinen Frosch endlich
wiedersehen. Ich hoffe dass wir uns noch sehr lange nicht sehen!
Gezeichnet
Evelin
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